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Vererben und enterben

Pflichtteilsanspruch –
„Dann verlange ich eben meinen Pflichtteil“

Sie haben geerbt, aber nicht so, wie Sie sich das vorgestellt haben? Unzufriedene Erben erklären dann häufiger einmal in einem ersten Anflug von Zorn: „Dann schlage ich das Erbe eben aus und verlange meinen Pflichtteil.“

Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldzahlungsanspruch. Man erbt also nicht und kann auch nicht mitreden, was mit dem Nachlass geschieht. Aber der Höhe nach beträgt er immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Und das kann manchmal nicht unattraktiv sein.

Darüber sollte der Betroffene allerdings wenigstens ein zweites Mal nachdenken.

Es wird nämlich meistens nicht beachtet, dass ein Pflichtteilsanspruch nach Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses nur dann besteht, wenn das Gesetz dies auch ausdrücklich vorsieht.
Dies ist nur in einer begrenzten und sehr speziellen Art von Fällen der Fall. In allen anderen Fällen fällt nach der Ausschlagung auch der Pflichtteilsanspruch weg. Grundsätzlich ist nämlich Voraussetzung für einen Pflichtteilsanspruch, dass der Pflichtteilsberechtigte durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurde (§ 2303 I Satz 1 BGB). Und nicht jeder Verwandte hat einen Pflichtteilsanspruch.

Pflichtteilsergänzungsanspruch –
„Dann verschenke ich eben vor meinem Tod alles!“

Erblasser ärgern sich manchmal darüber, dass es nur in besonderen Ausnahmefällen möglich ist, unliebsame Erben, vom Pflichtteilsanspruch fernzuhalten. Was liegt näher als dafür zu sorgen, dass es nichts mehr zu erben gibt? Die Idee ist nicht wirklich neu oder originell. Dem setzt der Gesetzgeber den Pflichtteilsergänzungsanspruch entgegen. (§§ 2325 ff. BGB) Man rechnet das, was der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall verschenkt hat, wieder fiktiv in den „Erbtopf“ hinein und rechnet daraus den Pflichtteilsergänzungsanspruch aus. Seit einigen Jahren unterliegt dieser Anspruch der Abschmelzung:

§ 2325 Abs. 3 BGB: Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt.

Aber ist die Frist überhaupt angelaufen? Das ist nach der Rechtsprechung des BGH in Fällen, in denen sich der Erblasser z.B. ein umfassendes Nutzungsrecht an einer verschenkten Immobilie vorbehalten hat, nicht der Fall.

Und ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe. Eine böse Überraschung, die in dieser Norm steckt.

Und umgekehrt? Ist der Enterbte Bezieher nachrangiger Leistungen, so ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch Vermögen im Sinne vieler nachrangiger Sozialleistungsgesetze und der Anspruch kann vom Sozialamt übergeleitet werden oder ist direkt auf Jobcenter übergegangen. Auch wenn der Enterbte selbst keinerlei Ambitionen hat, eine solchen Anspruch geltend zu machen. Das ist nur anders, wenn man lebzeitig einen Pflichtteilsverzicht gegenüber dem Erblasser abgegeben hat.

Vor der Ausschlagung eines Erbes sollte daher fachkundiger Rat eines im Erbrecht schwerpunktmäßig tätigen Anwalts in Anspruch genommen werden. Dies muss kurzfristig geschehen, da eine Ausschlagung nur binnen 6 Wochen seit Kenntnis vom Erbfall und dem Erbanspruch möglich ist. Und auch dann sind im Einzelfall immer noch viele Besonderheiten zu beachten, so dass wir Ihnen fachliche Beratung dringend anraten.

Erb- und Pflichtteilsverzicht

Man kann auf die Rechte auf sein gesetzliches Erbrecht und sein Pflichtteilsrecht verzichten. Der Bundesgerichtshof beschreibt das als negative Erbfreiheit. Man muss nicht erben müssen. Man kann auch „nein“ sagen. Darin liegt selbst dann, wenn man sozialhilfebedürftig ist, kein sog. vertrag zu Lasten Dritter. Aber die Einzelheiten – z.B. mit oder ohne Abfindung – sind im Einzelnen umstritten. Manchmal ist ein Pflichtteilsverzicht aber einfach nur ein tolles Mittel um eine sachgemäße Erbfolgeregelung hinzubekommen. Für die Einzelheiten habe ich Antworten und Lösungen für Sie und begleite sie gern bei der Entwicklung individueller erbrechtlicher Gestaltungen.