Vorsorgevollmacht/Betreuungsverfügung/ Patientenverfügung

    1. Corona-update Patientenverfügung

    Uns erreichen gerade in Bezug auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie Anfragen zu alten, aber auch zu noch zu errichtenden Patientenverfügungen:

    Werde ich nicht beatmet, wenn ich das in der Patientenverfügung verfügt habe? Wird mir dann Hilfe verweigert? Gilt auch in Corona-Zeiten mein Beatmungsverbot aus der Patientenverfügung

    Ganz grundsätzlich gilt auch in Zeiten von Corona:

    Eine Patientenverfügung ist ein Dokument für eine Zeit, in der der Arzt sich nicht mehr mit mir verständigen kann. Solange ich ansprechbar bin und in die ärztliche Maßnahme einwilligen (Einwilli-gungsfähigkeit) oder sie ablehnen kann, entscheide ich auch bei einer Corona-Erkrankung ganz alleine, ob ich die Behandlungsmöglichkeiten, die mir der Arzt anbietet, nutzen will oder nicht. Niemand sonst kann das entscheiden,auch kein Vorsorgebevollmächtigter, kein Ehegatte oder sonstiger Familienangehöriger.

    Wenn ich nicht mehr einwilligungsfähig bin (was weniger ist, als geschäftsfähig zu sein), erst dann kommt die Patientenverfügung zum Zuge. Wenn ich nicht generell und ohne jede Einschränkung eine Beatmung in meiner Patientenverfügung ausgeschlossen habe (und wer hat das schon???), dann gelten die sonstigen Regeln des Patientenverfügungs-rechts(schauen Sie dazu mal in die §§ 1901 a, 1901 b und 1904 BGB!):

    Mein Vorsorgebevollmächtigte oder der Betreuer hat zu klären, welche Situationen habe ich ganz genau in meiner Patientenverfügung geregelt?

    Habe ich geregelt, dass ich grundsätzlich optimal behandelt werden will, wenn Aussicht darauf besteht, wieder zu genesen? Und dass die einschränkenden Anordnungen in der Patientenverfügung nur für spezielle Lebenssituationen gelten sollen? Dann muss (weiter) behandelt werden, wenn diese Aussicht besteht, weil dies nicht nur meinem Willen, sondern immer meiner aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entspricht.

    Liegt eine der Situationen vor, für die ich in der Patientenverfügung bestimmt habe, dass ich nicht beatmet werden will? Dann muss mein Vorsorgebevollmächtigte/Betreuer immer noch prüfen, ob diese Erklärung meiner aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entspricht. Im Gesetz steht dazu, "er hat meinem Willen in diesem Fall Geltung zu verschaffen"

    Nach § 1901 b BGB ist dann ein Gespräch mit dem Arzt zu führen, der seinerseits prüfen muss. Im Gesetz heisst es dazu:
    "der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist".
    Das bedeutet, der Arzt muss die möglichen und für mich in Betracht kommenden Maßnahmen darauf prüfen, ob sie medizinisch überhaupt indiziert sind. Gibt es ohnehin keine Indikation, darf der Arzt mich nicht behandeln. Gibt es aber eine Indikation, so muss eine Behandlung/eine Nichtbehandlung oder ein Abbruch entsprechend meiner Patientenverfügung mit meinem Vorsorgebevollmächtigten oder Betreuer erörtert werden.

    Besteht die Gefahr, dass ich sterbe oder einen schweren und länger andauernden gesundheitlichen Schaden erleide, dann gelten die Regeln des § 1904 BGB.Nur dann, wenn Arzt und Vorsorgebevollmächtigter/Betreuer zu einer einverständlichen Lösung über eine Behandlung, Nichtbehandlung oder den Abbruch einer lebensgefährdenden Maßnahme entsprechend meiner Patientenverfügung gekommen sind, kann so verfahren werden.Wenn genügend Zeit ist, soll auch meinen Familienangehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, wenn ich das z.B. nicht in meiner Patientenverfügung ausgeschlossen habe.

    Gibt es keine einverständliche Entscheidung, dann braucht mein Vorsorgebevollmächtigte/Betreuer für seine Entscheidung die Genehmigung des Betreuungsgerichts/ Amtsgerichts.

    Der Bundesgerichtshof fordert, dass die Entscheidung über die Umsetzung lebensgefährdender Verfügungen aus einer Patientenverfügung in einem persönlichen, umfassenden und emotionenkontrollierten Gespräch zwischen Arzt und meinem Vorsorgebevollmächtigten/Betreuer getroffen werden muss. Dieses Gespräch ist nach bisheriger Rechtslage unverzichtbar und muss sorgfältig dokumentiert sein.

    Fazit bis hierher:

    Patientenverfügung ist immer nur der Fall, bei dem ich selbst nicht mehr entscheiden kann.

    Corona ist außerdem nicht per se eine Erkrankung von der man sich nie wieder erholt. Das Gegenteil ist richtig. Und deshalb darf bei bestehender medizinischer Indikation niemanden die Behandlung, die er benötigt, unter Berufung auf die Patientenverfügung verweigert werden.

    War ich aber bereits in einer der von mir in der Patientenverfügung geregelten Situationen, dann kann ein Beatmungsverbot unter Einhaltung des oben geschilderten Verfahrens zum Zuge kommen.

    Was ist nun aber, wenn ich gar keine Patientenverfügung habe, sie ungeeignet ist oder gar nicht auf meine Situation passt?

    Wenn ich nicht mehr ansprechbar und damit nicht mehr einwilligungsfähig bin, dann müssen mein Vorsorgebevollmächtigter/Betreuer meinen mutmaßlichen Willen ermitteln.
    Was ist der mutmaßliche Wille? Es ist die Entscheidung, die ich getroffen hätte, wenn ich gewusst hätte, dass ich in eine solche Situation gerate.

    Empfehlung ganz allgemein und besonders in Corona-Zeiten:

    Ich sollte prüfen, ob mein Vorsorgebevoll-mächtigter/Betreuer dazu genügend über mich weiß. Wenn ich in einer der klasischen "Kreuzchen-Patientenverfügungen" nur mit dem Klipp-Klapp-schema von " Ja oder Nein", gearbeitet habe und sonst nichts auffindbar ist, dann kann es schwierig werden. Das spricht dafür, doch einmal zu überlegen, ob man sich nicht doch für eine individuelle, in einem persönlichen Gespräch erarbeitete Patientenverfügung entscheidet. Das geht bei uns trotz Corona per Videoschaltung, Telefonkonferenz oder mit Schutzausstattung - nämlich Handschuhen und Nasen-/Mundschutz, die Sie bei uns erhalten.

      2. Notfallmedizinisches Handeln - was uns anhand der Corona-Folgen plötzlich deutlich wird

      "Wenn medizinische Notfälle eintreten, besteht häufig ein großer Handlungsdruck, der notfallmedizinisches Handeln mit dem Ziel der Lebenserhaltung gemäß den allerorts etablierten Standards wie automatisch ablaufen lässt, ohne das der Wille der betroffenen Person bekannt ist" (zitiert aus dem Leitfaden : Ambulante patientenzentrierte Vorausplanung für den Notfall.)

      Der nachstehend zum download abgedruckte Leitfaden aus Anlass der Covid-11-Pandemie legt den Finger in die Wunde : jede ärztliche Entscheidung muss die Prognose des Patienten ermitteln und die medizinische Indikation bestimmen(im Notfall: für die Krankenhauseinweisung, für intensivmedizinische Behandlung, invasive Beatmung und kardiopulmonale Reanimation)
      Ohne Indikation keine Behandlung.
      Aber auch ohne Patientennwillen und Abstimmung mit dem Vertreter eines nicht mehr einwilligungsfähigen Patienten keine Behandlung/Nichtbehandlung.

      Dieser muss prüfen, ob die erstellte Patientenverfügung noch der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entspricht. Fehlt die Patientenverfügung oder lässt sich kein klarer Wille ermitteln,muss man seinen mutmaßlichen Willen ermitteln. Und dazu hätte der Notfallmediziner gerne eine Dokumentaion über die "Einstellungen zu Leben, schwerer Krankheit und Sterben" und des vom Patienten gewünschten Therapieziels.

      In unseren Patientenverfügungen bilden diese Einstellungen schon seit langem ein Kernstück, denn die Nagelprobe jeder Verfügung in gesundheitlichen Angelegenheiten ist, ob man damit auch im Zweifelsfall den mutmaßlichen Willen ermitteln kann.

      Corona macht es noch einmal deutlich: patientenverfügungen sind das imaginäre Gespräch mit dem Arzt in der Zukunft. Und das benötigt viel Sorgfalt. Bitte sprechen Sie uns an.

      Ambulante patientenzentrierte Vorausplanung für den Notfall - Ein Leitfaden aus Anlass der Covid-19-Pandemie
      Speichern Öffnen Ambulante_patientenzentrierte_Vorausplanung_fuer_den_Notfall_LEITFADEN_20200409_final.pdf (299,10 kb)

      3. Fachkundige Beratung bei einer Patientenverfügung erforderlich

      Das war die Aussage von durchschnittlich 88% aller Personen, die die Deutsche Hospizstiftung im November 2005 dazu befragte, wie sie über Patientenverfügung denken. Diese Beratung ist unbedingt notwendig; denn nach wie vor herrscht Begriffsverwirrung. Viele Menschen kennen den Unterschied zwischen einer Vorsorgevollmacht, einer Betreuungsverfügung und einer Patientenverfügung nicht. Die Patientenverfügung regelt die Zeit vor dem Tod und bezieht sich ausschließlich auf Fragen der ärztlichen und pflegerischen Behandlung, falls man selbst nicht mehr entscheiden kann.
      Die schönste Patientenverfügung nutzt allerdings wenig,wenn sie niemanden hat, der sie durchsetzt. Dazu benötigt man einen Bevollmächtigten, wenn man nicht mehr für sich selbst entscheiden kann.(Erteilung einer Vorsorgevollmacht)
      Alternativ bestellt der Staat einen Betreuer. Hier kann man zumindest auf die Wahl der Person Einfluß nehmen.(Betreuungsverfügung)
      Vollmacht oder Betreuungsverfügung allein lösen aber nicht immer alle Probleme. Manchmal bedarf man gleichwohl noch einer Genehmigung des Betreuungsgerichts, um wirksam handeln zu können.
      Sie wollen dazu mehr wissen? Durch individuelle Beratung? Oder im Rahmen einer Schulung? Oder Sie möchten sich mit mehreren Interessierten zusammen tun und lernen, wie man Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, Patientenverfügungen erstellt? Dann nehmen Sie bitte Kontakt auf mit unserer Kanzlei für Fragen des Seniorenrechts in Essen.
      Rechtsanwältin Dr. Doering-Striening ist als Fachanwältin für Sozialrecht und Fachanwältin für Familienrecht,als Mitbegründerin des Deutschen Seniorenrechtstages und als Mitherausgeberin und -autorin eines Fachbuches zum Seniorenrechtlangjährig erfahren in der Erstellung individueller Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen nach ausführlicher Beratung. Sie erhalten Informationen für Ihren Bevollmächtigten, Hinweise für Anträge an das Betreuungsgericht und das Gespräch mit dem Arzt, das das Gesetz nach § 1901 b BGB heute vorsieht.

      Das ist Ihnen zu aufwändig? Sie wollen aber trotzdem Sicherheit?
      Schreiben Sie Ihre Patientenverfügung einfach selbst und wir bieten Ihnen zu reduzierten Kosten einen schriftlichen Check-up Ihrer Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht an.

      Sie benötigen es etwas aufwändiger und können nicht in unsere Kanzlei in Essen kommen? Sie sind an einer speziellen Krankheit erkrankt und können oder möchten anderen das Gespräch darüber nicht zumuten? Rechtsanwältin Dr. Doering-Striening macht nach Absprache auch Besuche zu Hause, im Pflegeheim oder im Krankenhaus.

        4.Ärger mit der Vorsorgevollmacht?

        Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht bedeutet noch nicht, dass damit alle Probleme beiseitigt sind. Manchmal werden viele Vollmachten erteilt und der Streit über deren Gültigkeit entbrennt. War der Vollmachtgeber überhaupt geschäftsfähig? Hindert eine Demenz die Erteilung einer Vorsorgevollmacht?, etc.. Das Betreuungsgericht kann auch angerufen werden, falls der Verdacht auf Missbrauch einer Vorsorgevollmacht besteht. Das Betreuungsgericht kann einen Kontrollbetreuer bestellen und veranlassen, dass die Vollmacht widerrufen wird.
        Die benötigen Beratung bei Ärger mit der Vollmacht oder Schwierigkeiten in der Umsetzung?
        Kontaktieren Sie uns in unserer Kanzlei in Essen unter Tel.: 0201/862 12 12.